Flandernrundfahrt
100 Jahre Flandernrundfahrt - einer der
ältesten Radsportklassiker der Welt feiert im Mai 2013 Jubiläum //
Flandern - Wo sich Radsport, Gastlichkeit und Brauchtum begegnen
26. Februar
2013
Am 25. Mai 1913
organisierte Radsportjournalist Karel van Wijnendaele die allererste
Ronde van Vlaanderen. Sie ist somit einer der ältesten
Radsportklassiker der Welt. Radsport ist in Flandern ein Teil der
Alltags-Kultur und so lebendig wie in kaum einer anderen Region
Europas. Folglich hat das 100-jährige Jubiläum 2013 beinahe den Status
eines nationalen Feiertages für ganz Belgien.
Rund um den 25. Mai dieses Jahres finden in Flandern zum 100. Jubiläum
daher verschiedenste Veranstaltungen statt. Unter anderem ein
Jedermannrennen auf dem Originalkurs von 1913 oder eine Retro-
Rundfahrt auf Nostalgie-Rädern in den Original-Jerseys der
Rennrad-Helden Eddy-Merckx, Briek Schotte oder Rudi Altig.
In
der internationalen Radsportszene gilt die Ronde van Vlaanderen als das
schönste Eintagesrennen des Jahres. Für die belgischen Radsportler ist
es das heißeste Rennen überhaupt. Die Ronde ist ein wahres
Radsportmonument. Der Triumph bei ihrem Topklassiker ist dann beinahe
so viel wert wie ein WM-Titel. Entsprechend groß ist dann auch die
Resonanz in den Medien und in den fidelen Supportercafés. Die
Liveübertragungen in den belgischen Fernsehprogrammen erzielen hierbei
Rekordquoten. Sogar in Asien erfuhren die Menschen vor Jahren von der
Existenz dieses ‚crazy event in Flanders‘.
97. Ausgabe RVV - In Brügge geht´s los
Am Ostersonntag, 31. März, fällt an Brügges historischem Marktplatz
nach einer farbigen Fahrerpräsentation Punkt 10 Uhr traditionell der
Startschuss. Da in de Jahren 1915-1918 aufgrund des 1. Weltkrieges das
Rennen nicht stattfinden konnte, beginnt am diesjährigen Ostersontag
die 97. Ausgabe. Die ersten Kilometer sind zwar flach, aber wegen des
Nordseewindes nicht ohne Hektik. Der springende Punkt für die Fahrer
ist, dass man bei permanenten 50 km/h keine Lücke zum Vordermann
entstehen lassen darf. Heimische Teilnehmer, welche die Kunst der
Windstaffel beherrschen, nutzen ihre Erfahrung, um das knapp 200 Mann
starke Starterfeld bereits hier zu dezimieren. obald für den
wilden Pulk die Hügel der Flämischen Ardennen in Sicht sind, befindet
sich das Rennen förmlich im Auge des Sturms. Für die Radsportanhänger
ist es der wohl schönste und spannendste Part der Ronde. Der Slalomkurs
über die schmalen und zum Teil ultrasteilen Steigungen, dazu die
zahlreichen heimtückischen Kopfsteinpassagen, all das macht die Ronde
zusätzlich selektiv. Bei keinem anderen Rennen überträgt sich diese
gepfefferte Stimmung auf die Zuschauermassen, als bei der
Flandern-Rundfahrt.
Das Rennen der Zuschauer
Es gibt Radsportfans, die am Tag der Ronde, so
oft wie nur möglich, die Rennfahrer bei ihrer stressigen Arbeit hautnah
verfolgen wollen. Die Jagd vor und hinter dem Peloton und durch
gottverlassene Dörfer ist nicht ungefährlich. Manche brausen mit einem
geländetauglichen Motorrad und nach einem klug ausgetüftelten Plan über
riskante Abkürzungen und öde Felder, um so den Rekord vom letzten Jahr,
als sie es bis auf 21 Blickkontakte schafften, ein weiteres Mal zu
toppen. Der legendäre Koppenberg in Melden darf dabei nicht fehlen.
Kirmesstimmung pur
So wie in Kwaremont, wenn das wilde Führungsfahrzeug des Renndirektors
herangebraust kommt. Wie der Blitz preschen dann Hunderte Supporter,
und mancher noch mit einem Klacks Bierschaum an den Lippen, an den
Straßenrand, um möglichst keinen Blick des nahenden Rondespektakels zu
verpassen. Schon vor der Einbiegung in die enge Passage der Oude
Kwaremont-Strasse steigt das Tempo im Peloton radikal in die Höhe. Alle
Favoriten wollen sich möglichst weit vorne postieren. Nach knapp
Zweitausend Meter haben die Cracks den idyllisch gelegenen Dorfplatz
von Kwaremont erreicht, wo schon seit Stunden Kirmesstimmung pur
herrscht. Der Lärm der hypernervösen Begleitfahrzeuge, dazu das
ohrenbetäubende Dröhnen der tieffliegenden TV-Hubschrauber im Mix mit
den leidenschaftlichen Anfeuerungen von siegestrunkenen Supportern, so
als wollten sie ihren Favoriten einen zusätzlichen Adrenalinstoß
verpassen. All das ist ein Szenario, das sich Jahr für Jahr wiederholt.
Bei uns in Kwaremont
Kaum ist das Schlussfahrzeug, der sogenannte
Besenwagen, dann außer Sichtweite, stürmen die Supporter genauso
schnell zurück in die Kneipen und Festzelte, um von nun an den Rest des
Rennens an den extra postierten TV-Monitoren bei Bier, Bratwurst und
Fritten zu verfolgen. Berücksichtigt man diese Facetten, ist das kleine
Künstlerdorf Kwaremont, eine Teilgemeinde von Kluisbergen, für viele
Radsportfans ‚the place to be‘. Übers ganze Jahr sind es hauptsächlich
Tagestouristen, Wanderer, Kunst- und Gourmetliebhaber, die in diesem
lauschigen Ort gerne für einige Augenblicke Halt machen. Doch am Tag
der Flandern-Rundfahrt ist es mit der Mattigkeit vorbei. Nirgendwo
trifft man dann so viele Menschen unterschiedlicher Couleur wie bei
diesem spontanen Volksfest. Egal ob Manager, Rentner, Politiker,
Fabrikarbeiter, Student, Landwirt oder Beauty, sie alle wollen an so
einem köstlichen Tag nur eins, nämlich einfach dabei sein und gemeinsam
eine Menge Spaß erleben.
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